Winterbaden in Schweden – mein Weg ins eiskalte Wasser
Eisbaden klingt verrückt? Kann sein.
Aber manche unserer Gäste haben es bei uns in Bosjön – dem Zuhause von SchwedenAuszeit - ausprobiert. Manche spontan, viele mit mulmigem Gefühl und alle mit leuchtenden Augen danach.
In diesem Blogartikel erzähle ich dir, wie ich meine Angst vor kaltem Wasser überwunden habe, was Winterbaden körperlich, mental und emotional bewirkt, welche Erfahrungen Gäste bei uns gemacht haben – und wie du selbst sicher ins Eisbad starten kannst.
Eisbaden: meine persönliche Geschichte
Im Sommer 2022 war ich zum ersten Mal eisbaden. Das klingt vielleicht seltsam, stimmt aber – irgendwie.
Seit mehreren Wochen war es sonnig und warm, der See hatte 23 Grad, die Bedingungen für eine sanfte Abkühlung waren perfekt.
Eigentlich.
Aber ich mit meiner irrationalen Angst vor kaltem Wasser bin am Ufer hin und her gelaufen. Bis ich endlich drin war, waren meist 15 Minuten vergangen. Nervig – denn ich schwimme für mein Leben gern.
Deshalb habe ich auf meine „Bucket List“ den folgenden Satz geschrieben: „Ich will ins kalte Wasser springen.“ Springen, das hieß: ohne vorherige Überprüfung der Temperatur per Großzehe (Fühlt sich das kalt an?) – einfach rein ins Ungewisse.
Tatsächlich habe ich mich dann mit dem Boot auf unserer Badeinsel aussetzen lassen. So war kein Hintertürchen mehr offen. Und da stand ich nun mit meinem großen Vorhaben – und diesem bedrohlichen Gedanken im Kopf:
Werde ich das überleben – oder bleibt mein Herz stehen?
Doch da war noch etwas anderes in mir: Ich hatte das groß angekündigt und wollte vor meinem Sohn keinen Rückzieher machen.
Ich wollte mutig sein.
Also bin ich gesprungen und war – total verblüfft. Das war eine neue, ganz und gar großartige Erfahrung:
Ich kann ins kalte Wasser springen – und es ist gar nicht schlimm.
Ein Hochgefühl, das mich den Rest des Tages begleitet hat.
Natürlich habe ich mich gefragt: Woher kommt diese Angst? Ich kann gut schwimmen, bin schon so oft im Wasser gewesen. Da ist doch irgendwas schräg.
Doch eigentlich war es mir gleich nach meinem Sprung klar gewesen: Das war ein „systemisches Phänomen“ – etwas, das ich von meinem Vater übernommen habe, der als junger Mann in einer real bedrohlichen Situation mit kaltem Wasser war. Er ist danach nie wieder unbeschwert ins Wasser gegangen. Seine Angst hat sich – gerade, weil sie nie offen ausgesprochen wurde – auf mich übertragen.
Ich gehe seitdem regelmäßig von Sommer bis Winter in den See. Meine Angst ist auf ein „normales“ Maß geschrumpft – die Überwindung bei 15, 10 oder 4 Grad Wassertemperatur.
Und abgesehen davon, dass zum Winterbaden Kälte und Überwindung dazugehören – ist es doch viel mehr als eine „kalte Erfahrung“.
Die eigentliche Erfahrung beim Eisbaden
Beim Winterbaden passiert nämlich etwas, das man von außen gar nicht sieht:
Der entscheidende Moment spielt sich nicht im Wasser ab, sondern vorher - im Kopf.
Diese Sekunden des Zögerns, dieses mulmige Gefühl im Bauch, die wiederkehrende Frage „Will ich das wirklich?“ – das ist das eigentliche Spielfeld.
Das Wasser ist vergleichsweise harmlos. Kalt ja, aber nicht schlimm. Schließlich kannst du jederzeit wieder raus.
Das Kopfkino davor macht die ganze Sache erst schwer – und befeuert deine Angst.
Genau hier liegt der entscheidende Moment: Denkst du weiter nach – oder gehst du rein?
Je öfter ich gegangen bin, desto klarer ist es mir geworden: Es geht beim Winterbaden gar nicht so sehr um Mut.
Es geht darum, sich zu entscheiden, zu sagen: „Ich mach das jetzt!“ – und dann nicht weiter drüber nachzudenken.
Kein „Will ich das wirklich?“. Kein „Ist das nicht zu kalt?“. Kein „Vielleicht besser morgen.“.
Stattdessen: Entscheiden. Machen. Fertig.
Und genau das macht es leichter – nicht nur beim Winterbaden.
Denn im Alltag verbrauchen wir auch unendlich viel Energie damit, uns über alles Mögliche einen Kopf zu machen: Soll ich? Soll ich nicht? Heute? Morgen? Vielleicht lieber nie? Was, wenn…?
Beim Winterbaden gibt es das nicht.
Du entscheidest — und gehst. Punkt.
Was Winterbaden bewirkt: körperlich, mental, emotional
Ich komme hier nicht mit „wissenschaftlichen Erklärungen“ – sondern schreibe von dem, was ich selbst, meine Familie und unsere Gäste erlebt haben.
Winterbaden bewirkt etwas: körperlich, mental und emotional.
Das merkst du unmittelbar – und vielleicht verändert es sogar deinen Alltag.
Körperliche Effekte beim Winterbaden
Prickeln
Du steigst aus dem Wasser und siehst es sofort: Deine Beine und Arme sind knallrot. Kurz drauf fängt es im ganzen Körper an zu kribbeln. Das fühlt sich richtig gut an.
Wärme
Nach dem Eisbad ist dir weniger kalt als vorher – du merkst, dass dein Körper die Kälte des Wassers wieder ausgleicht. Wie schön es ist, die körpereigene Heizkraft zu spüren! Das kann man nicht erklären. Nur erleben.
Energie
Wenn du vorher müde und antriebslos warst: Das ist nach dem Winterbad vorbei. Du fühlst dich wach, lebendig und bist voll da. Wer so in den Tag startet, kann sich den Kaffee sparen.
Mentale Effekte beim Winterbaden
Klarheit
Nach dem Eisbaden ist dein Kopf frei. Du kannst klar denken, bist ganz bei dir – und fühlst dich geerdet und stark.
Entscheidungsfreude
Winterbaden trainiert, Entscheidungen zu treffen und direkt umzusetzen. Dieses „Ich geh da jetzt rein (statt es zu zerdenken)“ stärkt deine Entscheidungsfreude.
Fokus
Die Kälte holt dich ins Hier und Jetzt. Für ein paar Minuten gibt es nur: Atmen, Spüren, Sein. Eine Körpererfahrung mit „Meditationseffekt“.
Emotionale Effekte beim Winterbaden
Gute Laune
Dieses warme Kribbeln nach dem Kältebad ist ein echter Stimmungskick. Sobald du aus dem Wasser steigst, strahlst du. Das passiert einfach.
Stolz und Zufriedenheit
Du steigst aus dem Wasser und denkst: „Ich hab’s gemacht!“ Was vorher fast undenkbar schien, hast du locker gewuppt. Klar, dass dich das stolz und zufrieden stimmt.
Lebendigkeit
Die Kälte macht wach, die Wärme danach erfüllt dich. Du fühlst dich lebendig, präsent – wie neu geboren.
Wenn du all das zusammennimmst, merkst du schnell: Winterbaden ist viel mehr als eine „Mutprobe“ oder ein Experiment mit Kälte.
Es verändert etwas – im Körper, im Kopf, im Gefühl.
Und darüber hinaus.
Das Wichtigste, was ich durchs Winterbaden gelernt habe?
Mich zu entscheiden – ohne Wenn und Aber.
Das hilft nicht nur am See.
Und wenn du statt ins kalte Wasser lieber in deine eigene Tiefe eintauchst: Auch Ehrliches Mitteilen bringt Klarheit – im Kopf, im Körper und im Gefühl.
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Wie Eisbaden gelingt
Tipps für deinen Einstieg ins Winterbaden
Früh anfangen
Starte am besten im Sommer oder Herbst – so kann sich dein Körper langsam an kälteres Wasser gewöhnen.
Früh anfangen
Starte am besten im Sommer oder Herbst – so kann sich dein Körper langsam an kälteres Wasser gewöhnen.Dranbleiben
Geh regelmäßig. So wird das Winterbaden zur Routine und fällt dir von Mal zu Mal leichter.Gemeinsam gehen
Zu zweit oder in einer kleinen Gruppe macht mehr Spaß, ist sicherer – und ihr motiviert euch gegenseitig.Auf den Körper hören
Dein Körper weiß, wo seine Grenzen liegen. Spür gut hin – und steig aus, wenn es genug ist. Wenn du unsicher bist, ob Winterbaden das Richtige für dich ist, lass dich vorher ärztlich beraten.Warm halten, was wichtig ist
Schütze Hände, Füße und deinen Kopf.
Wenn’s richtig kalt ist, gehe ich mit Handschuhen und Mütze in den See, und nach dem Winterbad liegt eine Wärmflasche für die Füße bereit.Entscheiden – und dann gehen
Nicht lange überlegen. Der Moment, in dem du sagst „Ich mach das jetzt“, ist der wichtigste. Und dann geh in einem Rutsch rein – ohne Pause, ohne Nachdenken und in deinem Tempo.
Und ganz wichtig:
Klar, die Sicherheit. Strömungen, Alleingänge oder zu große Ambitionen (“Ich schaff das besonders lange.”) sind keine gute Idee. Winterbaden soll gut tun, nicht gefährlich sein.
Winterbaden in Bosjön
Bei SchwedenAuszeit in Bosjön gehört Winterbaden einfach dazu.
Rainer, unser Sohn Henri und ich gehen regelmäßig bis in den Winter hinein. Und weil wir hier so abgelegen wohnen, gehen wir in ganz praktischer Montur: Bademantel, Mütze, Gummistiefel. Wen interessiert’s?!
Einmal waren wir zu neunt am See – eine aufgekratzte Gruppe von Menschen, die nacheinander ins Eisloch steigen. (An dieser Stelle der Hinweis: Ob der See 10 oder 2 Grad hat, ist ganz egal. Fühlt sich immer richtig kalt an).
Wenn der See schon länger zugefroren ist, brauchen wir ein Eisloch, in das wir vom Steg aus steigen. Dafür nutzen wir unser „überdimensioniertes Brotmesser“ (Eissäge); es geht durch das Eis wie durch Butter. Naja, fast.
Ab minus zehn Grad machen wir eine Pause.
In den fünf Minuten Fußweg zurück ins Warme kann man sonst schon wieder auskühlen. Dann bleibt die Sauna – mit Abkühlung im Schnee – der perfekte Ersatz.
Wie unsere Gäste das Winterbaden erleben
Und unsere Gäste?
Die erleben das Winterbaden auf ihre ganz eigene Art:
Mara hat sich vor dem Winterbaden richtig warm gemacht – und ist danach strahlend aus dem Wasser gestiegen.
Michael und Kalle haben sich mit einer Atemübung nach Wim Hof eingestimmt.
Jasmin hat nach dem Bad auf dem Eis posiert und sich stolz fotografieren lassen.
Christian hat seiner Frau zugebrüllt: „Kerstin, das ist KALT!“ – und ist dann noch eine Minute länger drin geblieben.
Julia hat nicht viel gesagt – sondern es einfach gemacht.
Winterbaden verbindet – und zwar alle, die sich einmal überwunden haben.